Wie gefällt mir die filmische Adaption von "Eine Billion Dollar"?

Vor dem Abend einer Premierenfeier, bei dem die Stars des Films bei Blitzlichtgewitter über den roten Teppich paradieren (und falls es eine Romanvorlage gibt und deren Autor anwesend ist, dieser auch, freilich eher als Beifang), ist stets ein Tag vergangen, in dessen Verlauf sich ein Interview ans nächste gereiht hat, für die Hauptdarsteller in erster Linie, aber auch besagter Autor bleibt nicht ganz verschont. Und wie man sich denken kann, war die häufigste Frage, die mir dabei (und zu anderen Gelegenheiten natürlich auch) gestellt hat, die: »Wie finden Sie die Verfilmung Ihres Romans?«

Meine kurze Antwort lautet: Gut!




Aber um Enttäuschungen vorzubeugen, will ich lieber eine lange Antwort geben. Wer unter einer Verfilmung versteht, dass der Vorhang aufgehen und dasselbe Bild erscheinen muss, das man bei der Lektüre der ersten Szene vor Augen hatte, wird hier nicht auf seine Kosten kommen, denn diese Herangehensweise war von vornherein gar nicht geplant, als das Projekt konkret wurde.

Das hat damit zu tun, dass die Handlung des Romans »Eine Billion Dollar« sehr mit der Zeit verwoben ist, in der er spielt, nämlich in den späten 90er-Jahren, der Zeit also, in der ich ihn auch geschrieben habe. Das ist inzwischen 25 Jahre her, und ich denke, es wäre wenig reizvoll gewesen, mit dem Film in dieser Zeit zu bleiben. Damals machte man sich Sorgen wegen der Globalisierung, während der Klimawandel noch überhaupt kein Thema war; »social media« war noch nicht erfunden; Mobiltelefone fingen erst an, ein Thema zu werden, und es sollte noch ein Jahrzehnt vergehen, ehe sie »smart« wurden; das Internet war langsam und eher was für Nerds und Spezialisten, und so weiter. Und mal ehrlich: Wen juckt heute noch, dass der damalige amerikanische Präsident eine Affäre mit einer Praktikantin hatte?

Das
Thema des Romans dagegen – Geld und was es mit uns macht – ist heute so aktuell wie damals und wie zu allen Zeiten: Wäre es wirklich eine gute Idee gewesen, heute die filmische Auseinandersetzung damit in das Gewand einer so lange zurückliegenden (und, ehrlich gesagt, nicht sonderlich interessanten) Zeit zu kleiden? Ich finde, nein.

Und ich finde auch, dass das kein Problem ist.
Die Grundidee von »Eine Billion Dollar« ist so stark, dass sie es verträgt, auf unterschiedliche Weise erzählt zu werden. Es gibt schon die berühmte vierstündige Hörspielfassung von Leonard Koppelmann, die das getan hat, es gab 2009 ein Theaterstück im Wuppertaler Schauspielhaus, das ich leider nie gesehen habe, das die Geschichte aber zweifellos auch anders erzählt hat. Und nun gibt es mit dem Film eben eine weitere Version.

Ich finde die Verfilmung gut, weil sie die Grundidee – jemand erbt ein durch Zins und Zinseszins über fünfhundert Jahre hinweg angewachsenes Riesenvermögen, wird dadurch auf einen Schlag der reichste Mann der Welt, aber … er erbt damit auch eine Prophezeiung, die schwer auf ihm lastet, nämlich, dass er mit diesem Vermögen der Menschheit die verloren gegangene Zukunft zurückgeben werde! – gelungen in die heutige Zeit überträgt und unter den Bedingungen der heutigen Welt glaubwürdig (und spannend!) durchspielt.
Der Film stellt dieselben Fragen wie das Buch und beantwortet sie auch überzeugend, allen voran die vielleicht wichtigste, nämlich: Kann man eigentlich auch zu viel Geld haben?

Mit zu dem Gelingen trägt bei, dass der Film
überzeugend besetzt ist. Besonders begeistert bin ich von Philip Froissant als John Fontanelli: In meinen Augen die Idealbesetzung; einen besseren John Fontanelli hätte ich mir auch nicht ausdenken können. Was keineswegs die Leistungen der anderen Darsteller schmälen soll, die haben alle einen tollen Job gemacht – aber dem Herzen des Autors ist der Protagonist nun mal am nächsten.

Und, nicht zu vergessen, der Film ist auch handwerklich gut gemacht, was Tempo, Dynamik, Bildgestaltung und dergleichen anbelangt. Ich hatte das (wie ich vor Ort erfuhr, erstaunlich seltene) Privileg, in der Woche davor alle sechs Folgen vorab zu Hause zu sehen, was ja durchaus zu Langeweile hätte führen können, wenn man so kurz danach dasselbe schon wieder zu sehen bekommt. Aber so war es überhaupt nicht, im Gegenteil,
beim zweiten Mal gefiel mir der Film eher noch besser; ich bin im Kino mitgegangen und habe mich nicht eine Sekunde gelangweilt.

Die Verfilmung so, wie sie jetzt ist, hat noch einen weiteren Vorteil: Man kann sich die Serie ansehen, und man kann danach (oder davor) auch das Buch (vielleicht nochmal) lesen, ohne dass das eine dem anderen etwas wegnimmt, zu viel verrät oder den Spaß daran verdirbt – im Gegenteil, die beiden Versionen verstärken einander.
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